Die Predigt von Metropolit Mark am Palmsonntag 2020 im Kloster des Hl. Hiob in München.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Liebe Brüder, „freut euch im Herrn allezeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ so spricht der Heilige Apostel Paulus und ruft uns damit zur einzig wahrhaftigen Freude auf, die es in dieser Welt für uns geben kann.

Der Mensch hält viele Augenblicke in seinem Leben, viele ganz unterschiedliche Augenblicke für freudig. Aber er irrt sehr, denn es gibt für uns nur eine einzige Freude in dieser Welt, und zwar diejenige, von der Apostel Paulus hier spricht: die Freude im Herrn. Was kann es in dieser Welt noch Freudigeres für uns geben, als dies zu erkennen, und dies ungeachtet unserer Sündhaftigkeit, ungeachtet dessen, dass der Zustand, in dem sich unsere Seele befindet ein toter – ein „Lazarus Zustand ist? Die Seele ist unter ihren Sünden begraben. Was können wir in dieser Welt noch anderes erwarten, außer jener Freude, die uns Gott schenkt. Es ist die einzige Freude, denn Er hat uns vom Tod befreit. Er hat uns von jenem Zustand befreit, in dem man Lazarus vorgefunden hat – stinkend. So stinkt auch meine Seele, sie stinkt wegen ihrer Sünden. Wenn wir im Leben etwas Stinkendem, etwas Übelriechendem begegnen, dann wenden wir uns ab. Und die Seele? Die Seele? Aber warum sollte sie besser sein als alles, was sich in dieser Welt an Stinkendem finden lässt? Sie stinkt, sie ist verloren, sie ist begraben. Wenn ich mich gleichermaßen von diesem stinkenden Zustand abwenden würde, würde ich alle Sünden im Nu besiegen. Aber will ich das? Nein, ich will es nicht. Immer wieder gebe ich mich diesem Zustand hin: Immer wieder hätschle, liebkose ich diese stinkende Seele, die stinkende Sünde, die stinkende Leidenschaft. Aber wie viel würde ich gewinnen, wenn es mir gelänge diesen Zustand zu besiegen. Wenn es mir gelänge, mich von dem stinkenden Zustand meiner Seele abzuwenden: Abzuwenden von Verurteilung, von Verärgerung und Gereiztheit, Stolz und Überheblichkeit.

Erinnern Sie sich nur an Marthas Worte: „Wärest Du hier gewesen, Herr, wäre mein Bruder nicht gestorben.“ Und ist meine Seele nicht mein Bruder? Laden wir nicht Gott mit unseren Gebeten, unserem Fasten, unserer Buße, dazu ein, dass Er auch uns aus diesem stinkenden Grab herausführen möge?

Reue ist das, was der allgütige Gott uns gibt, um unsere Seele aus diesem stinkenden Zustand herauszuführen. Er möchte uns herausführen, aber Er möchte auch unseren Wunsch sehen, unsere Zustimmung. Er führt uns nicht gewaltsam daraus hervor, nein, wir sind Mitwirkende, denn Er hat uns die völlige Freiheit gegeben. Er hat uns in der Kommunion Sich selbst gegeben. Aber nehmen wir es an, nehmen wir seinen Leib und sein Blut wirklich an? Nehmen wir sie bewusst an? Mit „Furcht und Zittern“? Wenden wir uns von allem, was in unserem Leben stinkt, wirklich ab?

In diesen Tagen ruft der Herr uns ganz besonders zu Sich. Er ruft uns durch Seine Demut, mit dem Gehorsam, mit dem Er aufs Kreuz gestiegen ist. Und gegen Ihn erhebt sich in meiner Seele der Pharisäer, der da sagt: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ anstatt sich zu freuen, Ihn auf- und anzunehmen, Ihm in meinem Herzen die Freiheit zu geben gegen diese stinkenden, sündhaften Gewohnheiten zu kämpfen.

Der Herr selbst kommt, der Herr selbst gibt Seinen Leib hin, Sein Blut, darin liegt die ganze Rettung. In der Kirche finden wir alles, was wir brauchen, was für unsere Errettung notwendig ist. Die heilige Kirche rettet uns, weil sie Sein Leib ist, den Er uns hier auf Erden gelassen hat.

Ja, unsere Kirchen sind jetzt für öffentliche, gemeinsame Gottesdienste geschlossen. Aber Gott sei Dank wird in allen unseren Kirchen gebetet. Es wird auch außerhalb der Kirchen gebetet!

Vielen, die nur einmal im Jahr ihre Kulitschi und Pas’cha zum Weihen bringen, aber an Kommunion, an der Teilnahme am Blut und Leib Christi, nicht einmal im Entferntesten denken – dieser Gesellschaft hat Gott eine Heimsuchung geschickt. Eine schreckliche Strafe, aber es wird noch schlimmer kommen, wenn wir nicht lernen zu bereuen, zu beten, Buße zu tun …

Gott verjagt niemanden mit seinem Wohlgeruch, aber er verhindert mit stinkenden Seelen zu kommen.

Lasst uns, Brüder, in den kommenden Tagen von ganzem Herzen Buße tun, denn allein darin liegt unsere Rettung. Nur in diesem Zustand können wir den reinen, den Wohlgeruch hauchenden Gott aufnehmen, Der um unserer Errettung willen in diesen kommenden Tagen Leid, das Kreuz, den Tod aber auch die Auferstehung auf sich nimmt. Amen.

+MARK. Metropolit von Berlin

und Deutschland

Übersetzung: Maria Speranskaja